Im Duell der beiden Sportfreunde behalten die Siegener die Oberhand und bezwingen – erstmals überhaupt – den Tabellenführer aus Lotte am Sonntagnachmittag (29.10.) am Ende verdient mit 2:0 (0:0). Ein spätes Eigentor lässt alle Dämme brechen.
Es war früh Bewegung im Siegener Leimbachstadion an diesem Sonntagnachmittag. Klar – der Spitzenreiter gab sich die Ehre. Die Sportfreunde aus Lotte hatten die letzten sieben Spiele allesamt gewonnen und reisten mit breiter Brust an; im Schlepptau hatte man zudem einen Hand voll Fans, die den Gästeblock schmückten. Am Ende sollte es zwar nicht vierstellig werden im Leimbachstadion. Doch auch die 773 Zuschauer, die vor Ort waren, machten ordentlich Dampf und sorgten für unentwegt tolle Stimmung auf den Rängen.
Die Nehrbauer-Elf begann forsch und wollte sich im eigenen Wohnzimmer keineswegs verstecken. Durch robuste Zweikampfführung gelangen immer wieder Balleroberungen, so wie nach vier Minuten: Malik Hodroj biss sich auf rechts durch und konnte nur durch ein Foulspiel gestoppt werden. Die Flanke brachte Mats Scheld in die Box, am Fünfer klärte der VfL in allerhöchster Not. Kurze Zeit später gewann Justin Huber das Spielgerät in der eigenen Hälfte und kurbelte das Spiel an, der finale Pass geriet allerdings etwas zu ungenau (6.). Die in rot gekleideten Sportfreunde waren die erste Viertelstunde optisch leicht überlegen und räumten hinten alles – und das war nicht allzu viel – sauber ab. Generell zeigten sich beide Defensivreihen sehr konzentriert und nahezu fehlerfrei. Nach einer halben Stunde dann bat der stark aufspielende Arthur Tomas die Lotter Hintermannschaft zum Tanz, packte den Außenrist aus und zwang Luyembula im Lotter Tor mit einem noch leicht abgefälschten Schuss zu einer Glanztat (30.).
Auf der Gegenseite zeigte sich auch Lotte mal offensiv, die Situation wurde aber frühezeitig wegen Abseits abgepfiffen – und Julian Bibleka wäre überdies auf dem Posten gewesen (35.). Auch Ende der ersten Hälfte blieben die Krönchenstädter die aktivere Mannschaft, insbesondere durch Daniel Waldrichs Einwurf-Flanken gab es immer wieder Alarm in der Lotter Hintermannschaft. Einer dieser zweiten Bälle landete bei Malik Hodroj, der den Ball hauchdünn am rechten Pfosten vorbei setzte (38.). Drei Zeigerumdrehungen später ein Spiegelbild dieser Szene, wieder flog der Ball am Tor vorbei. Die Sportfreunde arbeiteten aktiv an der Führung, mussten kurz vor dem Pausentee aber die verletzungsbedingte Auswechslung von Arthur Tomas hinnehmen. Nach einer seiner vielen Abräum- und Klärungsaktionen blieb er sitzen und signalisierte sofort, dass es nicht weiter gehen konnte. Leon Pursian kam für ihn in die Partie.
Scheld bleibt vom Punkt cool
Nach dem Seitenwechsel machten die Siegener dort weiter, wo sie in hälfte eins aufgehört hatten: Jacob Pistor legte nochmal ab, statt es direkt zu versuchen. Der Ball kam raus zu Leon Pursian, der die Pille direkt zurück in die Lotter Box beförderte und dort den Kopf Pistors fand. Dieser aber brachte nicht den nötigen Druck hinter die Murmel (48.). Zwei Minuten später versuchte es das junge Eigengewächs selbst: nach einer guten Hereingabe in die Mitte wurde er nicht energisch genug angegangen und zog aus rund zwanzig Metern ab. Luyembula konnte den Ball nur klatschen lassen, im Nachgang entschied das Gespann dann auf Abseits (50.). In der anderen Spielhälfte dann mal wieder die Gäste: der auffällige Determann bekam den Ball mustergültig in den Lauf gespielt und schoss sofort, zielte aber aus rund vierzehn Metern knapp links an Biblekas Kasten vorbei (51.). Nach einer guten Stunde auf der Uhr sorgte dann erneut einer dieser langen Einwürfe Waldrichs für Gefahr: Abermals konnte die Pille weiter verlängert werden und fand am Fünfer Pistor, der mit dem Rücken zum Tor stand und sich in der Drehung befindend abzog und das Ei knapp über den Querbalken jagte (59.). Die Führung für die Hausherren lag hier deutlich in der Luft, Justin Huber nahm sich nach etwas Kuddelmuddel in der Lotter Abwehr den nächsten Versuch, verzog diesen aber etwas überhastet (61.).
Wie es dann oft in solchen Spielen ist, öffnet oder entscheidet ein Standard das Spiel: Jacob Pistor wurde im Strafraum regelwidrig zu Fall gebracht, Schiri Haustein zeigte ohne zu zögern auf den Punkt. Mats Scheld stellte sich der Verantwortung, ließ sich von Luyembula nicht verunsichern und traf platziert in die linke Ecke zur überfälligen Führung (63.). Kurz danach war für Hodroj Schluss, Nabesaka ersetzte ihn positionsgetreu. Mit diesem Rückstand wurden die Gäste merklich aktiver und verlagerten das Spielgeschehen mehr und mehr in die Hälfte der Siegener. In bester Handball-Manier wanderte die Pille von links nach rechts und wieder zurück, doch jeder einzelne der versuchten Abschlüsse konnte erfolgreich geblockt werden (74.). Der VfL drückte vehement auf den Ausgleich und schnürte die Sportfreunde tief in die eigene Hälfte, nur Kapitän Waldrich verblieb an der Mittellinie als offensive Anspielstation. Runde zehn Minuten vor dem Ende verteilte Lotte einen glücklichen Beinschuss gegen die Sportfreunde-Defensive, der Ball kam so weiter durch und wurde auf die kurze Ecke gebracht – Julian Bibleka aber roch den Braten und rettete seinen Farben die Null (80.). Luyembula auf der anderen Seite mutierte mehr und mehr zum Libero; zeitweise befand sich Lottes Keeper auf Höhe der Mittellinie, während die Siegener Stahlbeton anrührten. Bei einem der wenigen Befreiungsschläge fasste sich Waldrich aus der Distanz ein Herz, traf das Leder aber nicht perfekt (86.).
Den rund 750 Heimfans rutschte hier und da das Herz bei noch wenigen Minuten Spielzeit und dem Drängen der Gäste gehörig in die Hose, Keeper Bibleka interessierte das allerdings herzlich wenig. Einen an sich schwachen Abschluss stoppte er ganz cool mit dem Fuß – auf nassem Geläuf gar nicht mal so ungefährlich. Die Sportfreunde schmissen sich auch in der Nachspielzeit in jeden Zweikampf und Ball und gewannen so wertvolle Zeit in eigenem Ballbesitz, verpassten es aber, das Spiel zu beenden: Luyembuls empfing Waldrich an der Mittellinie und wurde vom Siegener Kapitän umkurvt, der sodann direkt auf der leere Tor zielte, es aus großes Distanz aber verfehlte (94.). Auch Lotte verzog Sekunden später deutlich und baute noch einmal von hinten für einen letzten Angriff auf. Dabei übersah Gucciardo aber, dass sein Torwort nicht mehr dort stand, wo er stehen sollte, und legte das Ei völlig unbesorgt mit dem Kopf zum 2:0 für die Siegener Sportfreunde ins Nest (95.).
Schiedsrichter Haustein pfiff das Spiel danach nicht wieder an, die Sportfreunde Siegen schlagen die Sportfreunde Lotte im neunten Anlauf das erste Mal und gewinnen unter dem Strich hochverdient mit 2:0 (0:0) gegen den dominanten Tabellenführer der Oberliga Westfalen.
Wat sachste?
Thorsten Nehrbauer
„Wir sind überglücklich und haben ein hervorragendes Spiel gemacht, einen tollen Fight geboten. Mit viel Leidenschaft und mannschaftlicher Geschlossenheit – und nicht zuletzt mit diesem tollen Publikum – kann man auch gegen so eine Mannschaft das erste Mal gewinnen und Unmögliches möglich machen. Im eigenen Stadion wollen wir unser Spiel durchbringen, egal ob das der Tabellenführer oder -letzte ist, der kommt.“
Mats Scheld
„Lotte hat uns hinten raus ordentlich hinten rein gedrückt, wir haben es aber über 90 Minuten gut verteidigt und relativ wenig zugelassen. Wir hatten Möglichkeiten, früher für Ruhe zu sorgen, unter dem Strich war es aber ein sehr gutes Spiel von uns. Wir halten über die gesamte Distanz unsere Struktur, werden aber weiterhin einen Schritt nach dem anderen gehen.“
Daniel Waldrich
„Das war heute unsere beste Saisonleistung, wir haben verdient 2:0 gewonnen und uns nochmal mehr Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben geholt. Wir müssen jetzt genauso weiter machen und am Ball bleiben, im Training weiter arbeiten, dann werden wir uns auch weiter belohnen. Die Stimmung war top, wenn wir auf dem Platz Leistung bringen überträgt sich das auf die Ränge. Wir hoffen, dass dadurch natürlich auch sukzessive wieder mehr Leute kommen.“
Match Facts
Sportfreunde Siegen – Sportfreunde Lotte 2:0 (0:0)
1:0 Scheld (63., FE), 2:0 Gucciardo (95., ET)
Schiedsrichter: Patrick Haustein, Johannes Helmut Baumann, Oliver Scharf.
Zuschauer: 773.
Sportfreunde Siegen: Bibleka, Tomas (44. Pursian), Krumm, Filipzik, Scheld (85. Busik), Waldrich, Huber (92. Pinner), Krämer, Hodroj (69. Nabesaka), Ticha, Pistor (78. Hartmann).